KI-Marktplatz: Das sind die sieben Use cases
20 Forschungseinrichtungen und Unternehmen entwickeln mit dem KI-Marktplatz eine digitale Plattform für Künstliche Intelligenz in der Produktentstehung. Beim Kick-off am 25. Februar am Heinz Nixdorf Institut geben sieben Partner erstmals Einblicke in ihre Use cases.
Schild, Baum oder Mensch? Damit selbständig fahrende Autos ihre Umgebung wahrnehmen können, müssen große Bild- und Videodaten ausgewertet und Objekte wie Schilder, Bäume oder Fußgänger präzise gekennzeichnet werden. Mit den markierten Daten wird ein Algorithmus trainiert, der beim autonomen Fahren zum Einsatz kommt. Derzeit werden die Objekte auf den Videos und Bildern in mühsamer Handarbeit gekennzeichnet. „Das ist eine unglaublich aufwändige und kostenintensive Arbeit, deshalb brauchen wir Künstliche Intelligenz“, sagt Yvonne Lichtblau von Hella Aglaia. Das Unternehmen zählt zu den weltweit führenden Entwicklern intelligenter visueller Sensorsystemen und gehört zur Hella Gruppe mit Sitz in Lippstadt. Hella Aglaia arbeitet mit dem Fraunhofer IEM zusammen, um die Analyse und Annotation von Video-Daten zur Generierung von Ground-Truth-Daten mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz zu optimieren. ‚Automatisches Labeling von Video-Daten‘, heißt das Use case, das Lichtblau auf dem Kick-off des KI-Marktplatzes vorstellt. „Die KI kann allerdings den Menschen nicht komplett ersetzen“, sagt Lichtblau. Nach der automatischen Markierung der Objekte geschieht die Qualitätskontrolle manuell.
KI-gestützte Fertigungsplanung
Manuell wird derzeit auch die Fertigung beim Gütersloher Haustechnik-Hersteller Westaflex geplant. Das soll sich dank Künstlicher Intelligenz ändern. Gemeinsam mit dem Heinz Nixdorf Institut arbeitet das Unternehmen an einer KI-gestützten Fertigungsplanung. Enterprise-Resource-Planning-, Produktions- und Maschinendaten werden in Echtzeit ausgewertet, um die optimale Maschinenbelegung herauszufinden und die Erkenntnisse für die Arbeitsplanung zu nutzen. Somit wird in diesem Use case die Reihenfolgeplanung von Fertigungsaufträgen mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz optimiert.
Effizienz von Serviceanfragen steigern
Im Projekt ‚KI-gestütztes Service-Engineering‘ stehen ebenfalls Maschinendaten im Fokus. Diebold Nixdorf und das Fraunhofer IOSB-INA arbeiten daran, die intelligente Auswertung der Maschinendaten zur Fehlerursachenerkennung beziehungsweise für die prädiktive Instandhaltung (predicitve maintenance) zu nutzen. Dadurch soll die Effizienz von Serviceanfragen mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz gesteigert werden. Denn im Vorfeld von Technikereinsätzen können, dank der ausgewerteten Daten, bereits die Ersatzteilbereitstellung gewährleistet und gezielte Reparaturanweisungen ermöglicht werden.
Intelligentes Gleichteilemanagement
Beim Landmaschinenhersteller CLAAS wird in dem Projekt Integration von ‚KI in Computer Aided Design und Engineering (CAx)‘ ein intelligentes Gleichteilemanagement konzipiert und prototypisch umgesetzt. Dies verspricht erhebliches Einsparpotential, denn eine Potentialanalyse hat ergeben, dass vor dem Hintergrund der stetig steigenden Produktkomplexität die Herstell- und Entwicklungskosten sowie die Anzahl von Bauteilen stark gestiegen sind. Problematisch bei der Suche solcher Gleichteile ist derzeit insbesondere, dass diese oft im projektspezifischen Kontext entwickelt worden sind und somit nicht für die Wiederverwendung als Standardteil bedacht wurden.
Zudem können Gleichteile oft nicht gefunden werden, da die Stammdaten nicht korrekt gepflegt sind. Für diese Problematik wird als Lösungsansatz eine KI-Integration verwendet. Das zu entwickelnde intelligente Softwaretool soll im ersten Schritt Gleichteile in der Datenbank basierend auf unterschiedliche Kriterien identifizieren und in einem zweiten Schritt den Konstruktionsprozess optimieren und Entwickler bei der Konstruktion durch Vorschläge ähnlicher Bauteile unterstützen.
Intelligente Produktbeobachtung
Gemeinsam mit dem Heinz Nixdorf Institut arbeitet das Berliner Start-up Ubermetrics an einer intelligenten Produktbeobachtung. In dem Projekt wird eine KI-Anwendung erstellt, die relevante Informationen aus unstrukturierten Texten wie Onlinebewertungen oder Reklamationsberichte extrahiert, analysiert und den Entwicklern die Ergebnisse präsentiert. Die Anwendung kann beispielsweise zur gezielten Optimierung von Systemkomponenten genutzt werden.
Eine KI-Anwendung zur KI-gestützten Diagnose und Identifikation potenziell defekter KFZ-Bauteile hat das Unternehmen Hella Gutmann Solutions aus Ihringen mit dem Paderborner Fraunhofer-Institut für Entwurfstechnik Mechatronik IEM in ihrem Projekt als Ziel genannt. Dabei werden historische Fahrzeugdaten wie Fehlercodes, Sensormesswerte und Kilometerstände sowie die Integration weiterer Datenquellen wie Rechnungsdaten oder Reparaturinformationen als Grundlage genommen.
Das Schloß-Holte Stukenbrocker Unternehmen düspohl Maschinenbau entwickelt zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Entwurfstechnik Mechatronik IEM eine KI-gestützte Herstellbarkeitsanalyse. In dem Projekt wird Künstliche Intelligenz verwendet, um die Realisierbarkeit unbekannter Produktspezifikationen auf Fertigungsanlagen zu bewerten und optimierte Prozessparameter vorzuschlagen.
Starke Resonanz
Über 60 Teilnehmer nahmen an der Kickoff-Veranstaltung im Heinz Nixdorf Institut teil. Neben den Projektpartnern stellte sich die Begleitforschung zum Innovationwettbewerb Künstliche Intelligenz und das Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) als Projektträger vor. „Sie haben eine beeindruckende Anzahl von Kompetenz versammelt“, lobte Andreas Reinholz vom DLR die Forschungseinrichtungen und Unternehmen. Für die Partner des KI-Marktplatzes beginnt nun offiziell die inhaltliche Arbeit.